Es könnte doch so einfach sein!

Das Leben um uns herum ist komplex. Und das nicht erst seit Corona. Die Welt wartet stets mit neuen Herausforderungen auf. Kaum scheint das Eine begriffen und bewältigt zu sein, kommt schon das nächste. Noch mehr davon und es wäre zum Verrücktwerden.

Verrücktwerden muss niemand

Dagegen schützen wir uns ganz automatisch und unbewusst. Keiner will mental oder gar emotional überlastet sein. Und diesen Schutz brauchen wir auch. Damit wir nicht dauernd Kopfschmerzen haben oder die Krise kriegen und schließlich im Burnout landen.

Dafür sorgt – normalerweise – der Prozess unserer Wahrnehmung. Wir setzen unbewusst einen Filter ein, der sich Selektion nennt und prinzipiell ganz gut funktioniert.

Schon die Schule trainiert unmerklich die Selektionsmechanismen. Sie sind eine Art Muster, nach denen der innere Filter funktioniert. Ganz vorne an: Das monokausale, lineare Denken. Es basiert auf dem einfachen Ursache-Wirkung-Prinzip: Wenn wir eine Wirkung beobachten, glauben wir deren Ursache zu kennen (also die eine einzige…).

Die Sehnsucht nach einfachen Antworten und Lösungen ist groß.

Daher kommt der verständliche Wunsch die Dinge einfach haben zu wollen. Sie nach schwarz oder weiß, gut oder schlecht, richtig oder falsch, entweder – oder einzuordnen.

Das gilt vor allem für Expert*innen auf ihrem Gebiet, die anderen sagen, was sie tun oder lassen müssen.

Zum Beispiel mit Versprechen wie „Schritt eins bis sieben zum Erfolg!“, „Businesserfolg leicht gemacht!“ oder alle „How to …“-Rezepte aus der Beratungsbranche.

So einfach ist das?!
Ich sage: Nein.

Und ich sage auch: Keine*r sollte sich dazu verleiten lassen. Denn so entstehen „blinde Flecken“, die dich noch nicht einmal die Hälfte all dessen sehen lassen, was ist.

Es ist vor allem eine Frage der Perspektive und der inneren Haltung, mit der du dich selbst, andere und die Welt um dich herum wahrnimmst. Dazu gehören auch Widersprüchlichkeiten und Ambivalenzen.

Und schon wird jedes „entweder – oder“ absurd.

An seine Stelle tritt das „sowohl als auch“, eine Art „Raum im Dazwischen“.

In diesen „Raum“ gelangt, wer sein Wahrnehmen zunächst ganz offen, neugierig und ohne Bewertung vollzieht.

Aber genau dies ist das Schwierigste. Weil sich das spontane und unwillkürliche Bewerten in das Denken eingebrannt hat.

Es lohnt sich, das einmal an sich selbst sehr bewusst zu beobachten
• beim Gang durch die Fußgängerzone,
• beim Fernsehen,
• in einer Diskussion mit Freunden (und „Feinden“),
• im Diskurs über Fachfragen,
• …

Aber ich muss doch auch mal Haltung zeigen!

Zwischen Bewertung im Sinne von be- oder verurteilen und Haltung zeigen besteht meiner Ansicht nach ein großer Unterschied. Eine Haltung einnehmen kann, wer sich die Sache von möglichst vielen Seiten anschaut. Und sich so ein Bild davon gemacht hat.

Dazu gehört zum einen zu erkennen, was die eigenen inneren Bilder oder (Vor-)Urteile dazu sind. Und sich anzuschauen, welche anderen Bilder es gibt. Auch solche, die man so noch nicht kennt oder gesehen hat. Die auf den ersten Blick befremdlich scheinen.

Ein selbstbewusstes Ja zum Sowohl-als-auch ist eine klare Haltung!

Denn sie erkennt an, dass Widersprüchlichkeit oder Ambivalenz nicht dadurch verschwinden, in dem die eine oder die andere Seite ausgeblendet oder abgelehnt wird.

Als systemische Beraterin bewege ich mich fast nur noch im Sowohl-als-auch, weil ich damit absichtlich den Blck weite. Und Komplexität erzeuge. Denn erst sie eröffnet die notwendigen Lern- und Ehrfahrungsräume.

Dazu gehört auch, andere dabei zu unterstützen, die Komplexität erst einmal wahr- und später anzunehmen. Nur so kann ich Sparringspartnerin oder „Spiegel“ sein bei der Suche nach der passenden Lösung.

Wie das konkret aussieht, kannst du hier nachlesen. Oder mich bei einem kostenfreien Kennenlerngespräch ausfragen. Das kannst du gleich hier buchen.

Susanne Reuter